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Faszination der Vitalität

Text von Hans-Peter Miksch

Das Sinnliche und das Vernünftige, das Objektive und das Subjektive gehen in den Arbeiten von Ute Vauk-Ogawa eine Verbindung ein. Ihre Raumgreifenden Installationen von tier- oder pflanzenähnlichen Wesenheiten haben eine assoziative remythologisierende Kraft, und zugleich gebieten sie über kompositorische Mittel, die zwingend sind und bleiben. Hanf und Kunststoff sind oftmals die Basis für die Gestaltung der Künstlerin, aber auch Eisen, Draht, Papier und Kunststoff werden verwendet, um fantastische Geschöpfe entstehen zu lassen. Die Imagination entzündet sich am Gegenüber kreatürlicher Formen, vornehmlich an Tieren und Pflanzen. Doch in neueren Werken steht die benennbare Analogie zur realen Welt im Hintergrund, es sind zunehmend Gedanken-Gespinnste, monumentalisierte Gebilde aus dem Mikrokosmos, oder Gestalt gewordene Wirkkräfte der Natur, die im Raum oder durch den Raum zu schweben scheinen.

Ein Grundzug scheint dabei zu sein das Gleichgewicht aus Staunen über die Erscheinung und einer nicht nachlassenden Fremdheit. So, wie wir uns selbst hin und wieder fremd sind, sind es erst recht die Anderen, das Andere. Und bei der Frage, was dieses Gefühl von Fremdheit auszulösen imstande ist, kann eine Antwort die Vitalität sein.

Was setzt und hält das Leben in Gang, welche Kräfte bewirken die Anpassung an die jeweilige Umgebung, was regt an zur Suche nach neuen Lebensformen und unbekannten Lebensformeln? Die unbekannte Vitalität, vulgo Kreativität, schafft Neugierde, der Ute Vauk-Ogawa in ihren seriellen Installationen, ihren Ballungen von teilweise bedrohlichen Kreaturen einen bleibenden, faszinierenden bildhaften Ausdruck gibt. Und mittels dieser Inszenierungen wird der Betrachter zu intuitiven Erkenntnissen befähigt, solchen, die jenseits von Belehrung oder Moralisierung anregen zu Fragen über die Natur, über das Leben (ein Begriff den wir nur im Plural denken können, so wie die Künstlerin vorrangig raumgreifende, mehrteilige Werke präsentiert), und die Kunst, über die Kunst, Fragen zu stellen und sie gleichermaßen zu beantworten durch Bildfindungen, über das Geheimnis der Vitalität und die vitalistischen Faszinosa, die uns, wenn wir die Augen offen halten, lebenslänglich begegnen können.

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